Die alten Mädels vom Bellaria–Kino, die sterben alle langsam weg, die kann auch der Paul Hörbiger nicht halten, da mögen die Kirschbäume noch so schön blühen, die Schwarzweißwelt ist farbig geworden
und laut und viel zu schnell. Stolz waren sie auf den Besuch von Johannes Heesters und auf das Autogramm, das auf ihrer Echtpapiereintrittskarte prangte. Und
nun liegts da rum im Staub der Jahre und keiner findets mehr. Untern Teppich wird’s gekehrt oder irgendwo hin. Aber so lange die Leuchtbuchstaben noch Licht
spenden und die Bilder in den Schaukästen noch sichtbar sind, machts auch nichts, dass die Gelenke
des Filmvorführers langsam Rost ansetzen. Die Zeit lässt sich nicht kaufen, und selbst wenn wir alle unser gesamtes gemeinsames Körpergewicht den laufenden Zeigern entgegensetzen, sie zu bremsen versuchen,
die Uhr wird immer stärker sein, unsere Gesichter verblassen, verschrumpeln und falten sich ein. Und
die gute alte Zeit wird neue Zeit und dreht sich, und
dreht sich weiter, und dreht sich einfach an uns vorbei. 


Wien, Österreich 2008


Bellaria-Kino